Dienstag, 29. November 2016

BSC Berlin Security Conference

Heute und morgen findet in unserer Stadt die BSC Berlin Security Conference statt.

Unter den mehr als 1.000 angemeldeten Gästen sind 66 Admiräle und Generäle mit ein bis vier Sternen sowie europäische Minister, Botschafter und Militärattachés. Nicht jeder Oberst ist von einem General zu unterscheiden, da die silbernen Sterne in einigen Staaten ein goldenes Äquivalent haben und Generäle durch Striche auf den Schulterstücken optisch in die jeweilige Hierarchie eingetaktet werden.

Anhand des heute Gesagten könnte die Lage Europas als angespannt bis kritisch angesehen werden.

BSC Berlin Security Conference
BSC Berlin Security Conference
Die US-Botschafterin Susan Elliot sprach von "Transition" in der Beziehung zu Europa, während sich die NATO in einem Prozess des "shifting from insurance to defense" befinde. Sie betonte, dass Donald Trump bei den Republikanern keine Mehrheit für einen NATO-Ausstieg habe. Wichtig ist ihm insbesondere, dass die NATO-Staaten ihren Beitrag zum Rüstungshaushalt erfüllen. Warum auch soll die USA den Hauptteil der finanziellen Last tragen? Donald Trump denkt hier wie ein typischer Unternehmer in Kategorien des Return on Investment (ROI). Bessert Europa in diesem Bereich nicht nach, wird er sicher einen Weg finden, seine politischen Mitstreiter von einem NATO-Ausstieg zu überzeugen.

Der heutige Konferenztag demonstrierte auch sehr anschaulich, wie leicht es ist, große Truppenverbände innerhalb kürzester Zeit zielgerichtet in Bewegung zu versetzen. Es wurde lediglich angekündigt, dass diverse Reden auf Französisch gehalten werden und schon bewegten sich etwa 95% der Gäste im Saal auf die Kopfhörer für die Simultanübersetzung zu. Militärisch diszipliniert wurde diese sprachliche "Fähigkeitslücke" geschlossen. Bei einer zivilen Veranstaltung hätte das sicher zu erheblichen Verzögerungen geführt.

Es waren die Repräsentanten Frankreichs, die sehr offene und kritische Worte zur europäischen Zusammenarbeit fanden. Es gehe nicht mehr um "Bedrohungspotenzial" sondern um "konkrete Bedrohung". Dabei nehme jeder Staat eine andere Facette der komplexen Bedrohungssituation wahr und setze entsprechend andere Prioritäten. Das betrifft die Ostgrenzen, die Flüchtlingsströme im Süden und islamistischen Terror in Mitteleuropa. Der einstige Fokus der EU auf die Wirtschaft habe bisher die Verteidigung außen vor gelassen.

BSC Berlin Security Conference
BSC Berlin Security Conference
Apropos "außen": Fabrice Leggeri von Frontex referierte in allen drei Konferenzsprachen und berichtete über die Arbeit seiner "Agentur". So habe man ein System entwickelt, das 95% der Einreisenden per Screening erfasse und entsprechend genehmige. Für die restlichen 5% stehen Fachkräfte mit Spezialausbildung bereit, die entsprechenden Verdachtsmomenten nachgehen. Letzteres kann bis zu drei Tagen dauern, während die erstgenannten 95% in der Regel nach zehn Sekunden geklärt sind. Er sprach sich für starke Außengrenzen und ein freies Schengen innerhalb dieser Grenzen aus.

Besonders pikant war die "High-Level Debate" kurz vor dem Mittag. Der Wehrbeauftragte Dr. Barthels (SPD) empfand es als eine "super Idee", dass die EU-Staaten endlich auch auf dem Verteidigungssektor kooperieren. Der Franzose Arnaud Danjean forderte, dass erarbeitete und beschlossene Papiere endlich einmal umgesetzt werden sollten und brachte dazu konkrete Beispiele. Die deutsch-französische Zusammenarbeit wurde als "mutig, solidarisch, innovativ" bezeichnet.

Neben der oben bereits erwähnten Susan Elliot hatte der Russe Andrey Kelin Platz genommen. Nick Pickard von der Britischen Botschaft rundete das Panel ab. Letzterer sprach sich nach dem Brexit für eine weitere enge Zusammenarbeit mit den europäischen Staaten aus.

BSC Berlin Security Conference
BSC Berlin Security Conference - Zielfernrohre von Schmidt & Bender
Andrey Kelin hatte nicht nur die Damen und Herren auf der Bühne gegen sich, sondern auch einen Großteil des Plenums. Er betonte die russische Treue gegenüber den Abkommen von Minsk und stellte die Interpretation seines Staates zu Georgien und der Ukraine dar. Dabei wechselte sich bitteres mit laut schallendem Lachen im Saal ab. Nachdem ein Deutscher nach Ansatzpunkten für einen guten Dialog mit Russland gefragt hatte, goss ein Georgier mit der Frage nach den neuesten atomaren Bestrebungen Russlands wieder Öl ins Feuer. Nick Pickard nannte mehrere Beispiele versuchter Dialoge, die Moskau "blockiert" habe. Immerhin schlug sich der Russe wacker, auch wenn er mit seiner Position weit und breit allein auf der Flur saß.

Auch während der Konferenzpausen wurde weiter diskutiert, Visitenkarten getauscht, Zielfernrohre begutachtet, Helme auf mögliche Fallhöhe getestet oder einfach Networking betrieben. Letzteres war ausdrücklicher Wunsch der Veranstalter.

Autor: Matthias Baumann